Am 28. Oktober 1937 sang ich in der Staatsoper in Mozarts „Don Giovanni“ meinen ersten Octavio.

In diese Vorstellung wurde ich einfach hineingeworfen: schwimm oder ertrink! Die einzige Konzession an den Anfänger war ein rasches Durchsingen seiner Arien mit Orchester im Anschluß an eine reguläre Probe für eine bevorstehende Premiere. Die Musiker waren bereits im Begriff zusammenzupacken, der Dirigent zeigte sich pressiert und etwas ungnädig, es herrschte eine Atmosphäre allgemeinen Unwillens, etwa derart: Muss das sein? Na ja, aber dann rasch…!

Nizza/Paris 1947, mit Maria Cebotari als Donna Anna
Nizza/Paris 1947, mit Maria Cebotari als Donna Anna
La Scala Mailand 1948, mit Paul Schöffler als Don Giovanni und Maria Cebotari als Donna Anna
La Scala Mailand 1948, mit Paul Schöffler als Don Giovanni und Maria Cebotari als Donna Anna

Am Abend schaffte ich es trotzdem. Dabei kam mir zugute, dass der Octavio völlig passiv bleibt. Er hat nur zu kommen und zu gehen, Donna Annas Hand zu halten und seine Arien vor der Rampe ins Publikum zu singen. Da konnte darstellerisch nicht viel passieren, gesanglich aber musste man überzeugen. Ich glaube nicht, dass meinethalben die Presse geladen war, aber Direktor Kerber saß in der Loge und merkte meine Sicherheit. Und so wurde der Abend für mich später zum Sprungbrett für die erste große Mozartpartie bei den Salzburger Festspielen.

Bruno Walter bot mir nicht nur im entscheidenden Moment die nötige Hilfe, er hat mir gleichsam Gesangsunterricht erteilt – ein leuchtendes Beispiel dafür, wie sich früher in der Staatsoper ein großer Dirigent zu einem kleinen Anfänger verhielt.

Brüssel 1947, Don Octavio in Don Giovanni von W. A. Mozart, mit Ljuba Welitsch als Donna Anna
Brüssel 1947, Don Octavio in Don Giovanni von W. A. Mozart, mit Ljuba Welitsch als Donna Anna